Wie sinnvoll sind solche Kategorisierungen?
Die Kategorisierung von Menschen in Generationen soll vor allem eine Komplexitätsreduktion der Wirklichkeit schaffen und als Orientierungshilfe dienen. Sie hilft dabei Tendenzen und Entwicklungen der Gesellschaft zu verstehen, darf allerdings auch nicht zu eng gesehen werden, da es primär auf das Wertemuster ihrer Vertreter ankommt und weniger auf deren Geburtsjahr1. Diese Muster sind von psychologischem Interesse, da Werte ein zeitlich stabiles Konstrukt darstellen, vor allem im Gegensatz zu Einstellungen die schnell geändert oder revidiert werden können. Um individuelles Verhalten zu verstehen eignen sich solche Wertemuster jedoch nicht, da sie zu universell sind2.
In der heutigen Generationsforschung unterscheidet man die vier folgenden Kohorten, deren genaue Abgrenzung in der Literatur je nach Autor variiert. Obwohl verbindende Eigenschaften und Erlebnisse im Fokus stehen, erfolgt die Kategorisierung nach Jahrgängen, wie die folgende Tabelle verdeutlicht.
Jahrgang | Grundhaltung | Hauptmerkmal | |
---|---|---|---|
Babyboomer | 1950-1965 | Idealismus | Selbsterfüllung |
Generation X | 1965-1980 | Skeptizismus | Perspektivlosigkeit |
Generation Y | 1980-2000 | Optimismus | Leistungsbereitschaft |
Generation Z | 1995-2010 | Realismus | Wankelmut |
Tabelle 1: Generationenübersicht
Generationskonzepte fußen grundlegend auf der Sozialisationshypothese, welche besagt, dass wir uns über die Umgebung definieren in der wir aufgewachsen sind. Jede Generation blickt demnach auf kollektive Erfahrungen und Erinnerungen zurück, von denen sie beeinflusst wurden. Entscheidend dafür sind vor allem jene Ereignisse, die in die „formative Phase“ im Alter von 17 bis 23 Jahren fallen. Sie prägen die Individuen im besonderen Maße und führen dazu, dass entsprechende Ereignisse und Erlebnisse auch im Erwachsenenalter noch besonders präsent sind und mit persönlichen Erinnerungen verbunden werden.
Geschichtliche Ereignisse | Technische Neuerungen | Prägende Persönlichkeiten | |
---|---|---|---|
Babyboomer | Mondlandung | Fernsehen | John F. Kennedy / Willy Brandt |
Generation X | Ende des kalten Krieges | Walkman | George Senior Bush / Helmut Schmidt |
Generation Y | Terroranschläge 9/11 | Internet | Bill Clinton / Helmut Kohl |
Generation Z | Finanzkrise 2008 / Fukushima | Social Media | Barack Obama / Angela Merkel |
Tabelle 2: Generationenvergleich
So waren vereinende geschichtliche Ereignisse für die Generation Babyboomer beispielsweise die Mondlandung, für die Generation X das Ende des kalten Krieges und für die Generation Y die Terroranschläge vom 11. September 2001. Empirische Untersuchungen haben zudem ergeben, dass junge Menschen dieser Generation, unabhängig ihrer geografischen Herkunft, deutliche Emotionen für Berlin als Symbol für die Entstehung eines geeinten Europas zeigen3.
Was sich bisher zur Generation Z sagen lässt ist, dass auf gesellschaftlicher Ebene vor allem die Finanz- und Eurokrise ab 2008, die Atomkatastrophe von Fukushima, der amerikanische Präsident Barack Obama sowie Angela Merkel als Frau an der Spitze einer großen Industrienation prägend sein werden4.
Die Generation Z unterscheidet sich deutlich von der Generation Y
Erste Untersuchungen machen deutlich, dass die Generation Z keine einfache Weiterführung ihrer Vorgängerkohorte darstellt. In einigen Punkten unterscheidet sie sich teils deutlich von der Generation Y5. Es bleibt dennoch abzuwarten, ob weitere Studien diese Wertemuster bestätigen können.
Begriffe wie Helikopter-Eltern verdeutlichen, dass ein Behütetwerden im Elternhaus zum neuen Standard geworden ist. Auch in ihrer Ansicht zur Arbeitswelt scheint die Generation Z von früheren Kohorten abzuweichen. Zwar zeigen Begriffe wie YOLO (you only live once), Jugendwort des Jahres 2012, dass es weiterhin darum geht Spaß im Leben zu haben, was im Idealfall auch für die Arbeitszeit gelten sollte. Dennoch offenbaren erste Publikationen, dass die Übernahme von Verantwortung eher vermieden wird. Vielmehr will die Generation Z „in Ruhe in der eigenen kleinen Welt leben“6, wozu die Kollegen oder das Unternehmen regelmäßig nicht gehören. Wo bei der Generation Y die Vereinbarkeit von Beruf und Privat im Fokus stehen7, wünscht sich die Generation Z keine solche Vermischung. Es besteht eher der Wunsch einer „Work-Life-Separation“8. Die eigene Freizeit hat große Bedeutung, weshalb geregelte Arbeitszeiten, klare Strukturen im Berufsalltag und abgrenzbare Arbeitsinhalte bevorzugt werden. Das gegenwärtige Wechselspiel zwischen globaler Gesellschaft und lokaler Gemeinschaft bewegt junge Menschen zu einer Rückkehr zu eher traditionellen Lebensentwürfen. Als Neo-Biedermeier sind Familie und das Eigenheim im Grünen für die Kohorte wieder erstrebenswert. Das wirkt vor allem vor dem Hintergrund einer auf Freiheit und Selbstbestimmung bedachten Generation paradox. In einer immer unübersichtlicher und hektischer werdenden Welt suchen junge Menschen, so scheint es, vermehrt nach Ordnung und Struktur9.
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